Berlin ist das erste Bundesland, das dieses Verfahren im Regelbetrieb umsetzt. Ziel ist, den Gründungsprozess durch eine App vollständig digital zu machen.
Gründerinnen und Gründer in Berlin können ab sofort die Gewerbeanmeldung und die steuerliche Anmeldung beim Finanzamt in einem einzigen digitalen Vorgang über die App der KfW erledigen und darüber auch direkt elektronisch an das Finanzamt übermitteln. (Mehr Infos findet ihr auf der Startseite der Gründerplattform.)
Die Nutzung der Gründerplattform-App selbst ist kostenfrei.
So funktioniert der neue Prozess
- Schritt 1:
Gründerinnen und Gründer beantworten in der App einen interaktiven Fragebogen zu ihrem Vorhaben. Sie können bei der Gründung zwischen verschiedenen Rechtsformen wählen, z. B. Einzelunternehmen, GbR, UG, GmbH. - Schritt 2:
Die Antworten erzeugen automatisch die Formulare für die Gewerbeanmeldung und die steuerliche Anmeldung – gebündelt in einem Antrag. - Schritt 3:
Die App übermittelt die Daten zur Gewerbeanmeldung digital an die Berliner Ämter. - Schritt 4:
Notwendige Gebühren können sofort über das E-Payment-System des Landes Berlin in der Gründerplattform-App beglichen werden.
Ziele des Pilotprojekts „Einfacher gründen per App“
Das bisherige Doppelverfahren bei zwei verschiedenen Behörden entfällt. Damit sind zwei zentrale Schritte der Gründung erledigt – schnell, sicher und papierlos. Das Projekt verschlankt den Gründungsprozess erheblich.
Das Hauptziel ist natürlich, nach Ablauf des Pilotprojektes auch bundesweit die einheitliche, vollständig digitale Gründung innerhalb von 24 Stunden zu ermöglichen.
Bis es soweit ist, gilt es noch etliche Herausforderungen zu meistern, z. B. die folgenden:
- Uneinheitliche Verfahren je Bundesland
Deutschland ist föderal – was in Berlin funktioniert, muss nicht automatisch in anderen Bundesländern möglich sein. Unterschiedliche Regelungen, Zuständigkeiten und Kompetenzen können zu Verzögerungen führen. - Digitale Schnittstellen nicht flächendeckend vorhanden
Damit Gewerbeanmeldungen digital übermittelt werden können, müssen die lokalen Gewerbeämter und Behörden entsprechende technische Schnittstellen besitzen. In Kommunen, die das nicht haben, kann der Prozess auch nicht vollständig automatisiert ablaufen. - Rechtliche und formale Anforderungen
Manche Formulare, Nachweise oder Unterschriften könnten nach geltendem Recht noch in Papierform oder mit bestimmten Beglaubigungen verlangt werden. Gesetzliche Anforderungen (z. B. Schriftformerfordernis) können so den vollständigen digitalen Prozess blockieren. - Personelle Kapazitäten und Bearbeitungszeiten
Auch wenn die Formulare digital ankommen, müssen Ämter sie prüfen, validieren, möglicherweise Rückfragen stellen oder sogar Papiernachweise anfordern. Hier können Verzögerungen entstehen. - Kosten für Behörden und laufenden Betrieb
Der Aufbau und die Wartung der digitalen Infrastruktur, Sicherheit, Support etc. ebenso wie die Schulung des Personals kosten Geld. Wie wird diese Finanzierung gesichert?. - Infrastruktur & Internetverbindung
In manchen Regionen kann es an stabiler Internetverbindung oder aktueller Hardware fehlen – etwa bei Gründern auf dem Land. Außerdem sind zuverlässige Server, schnelle Netzwerke und genügend IT-Kapazitäten auf Seiten der Behörden nötig. - Finanzielle Gebühren & Bezahlverfahren
Manche Gebühren für die Gewerbeanmeldung bleiben bestehen, und deren Bezahlung über die App bzw. E-Payment kann technisch oder organisatorisch herausfordernd sein. - Fehlen spezifischer Funktionen
Noch sind z. B. nicht alle Rechtsformen oder Spezialfälle abgedeckt. So könnte die Übertragbarkeit auf juristische Personen oder der Zugang für ausländische Gründer problematisch sein. Frage ist zudem, ob wichtige Zusatzdienste (z. B. Handwerksrolle, Gewerbeerlaubnisse, Eintragungen) vollständig integriert sind. - Fehlende Rückmeldung / Transparenz im Prozess
Nutzern könnten unklar sein, wie weit ihr Antrag bearbeitet ist, ob Rückfragen nötig sind – wenn keine automatische Benachrichtigung oder kein klarer Status verfügbar ist. Diese Problematik gibt es schon bei anderen Online-Diensten. - Probleme bei Freiberuflern versus Gewerbetreibenden
Gibt es Unklarheiten, ob eine Tätigkeit freiberuflich oder gewerblich ist (was Einfluss auf Anmeldung und steuerliche Behandlung hat), kann ein automatisierter Fragebogen nicht immer zuverlässig solche Fragen lösen. - Datenschutz und Sicherheit
Sensible persönliche Daten werden gesammelt und übermittelt (z. B. an Steuerbehörden, Gewerbeämter). Nutzer könnten misstrauisch sein, wie Daten gespeichert, weitergegeben und gesichert werden. - Upgrades und Erweiterbarkeit
Wie schnell kann man die App erweitern, wenn Anforderungen sich ändern (z. B. neue gesetzliche Bestimmungen)? Wie flexibel ist der Fragebogen, wie oft muss er angepasst werden?
Fazit
Diese vielfältigen Problemstellungen sind wohl auch ein Grund dafür, dass es zwar einen Starttermin für das Pilotprojekt „Einfacher gründen per App“ gibt, man aber keinen Endtermin findet, nach dem dann die bundesweite Umsetzung erfolgt.
Es gibt in Deutschland schon einige Fortschritte auf dem Weg zur Digitalisierung im Gründungsprozess (wie z. B. die vollständige Online-Gründung für GmbH/UG mit Bareinlage und eID). Aber zu oft sind noch physische Unterschriften oder Vor-Ort-Termine notwendig.
Dieses Projekt "Einfacher gründen per App" kann also nur ein erster Schritt sein.
Schaut man auf andere Länder - wie z. B. Estland -, sind diese mit den digitalen Möglichkeiten schon wesentlich weiter.