Für Gründende interessant: Umsatzsteuerbefreiung oder Ist-Versteuerung nutzen

Die sogenannte Soll-Versteuerung kann gerade bei kleinen und mittelständischen Unternehmen manchmal zu finanziellen Problemen führen.

Zuletzt aktualisiert: 15.11.2023

Unternehmer müssen normalerweise die in Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer ans Finanzamt abführen, wenn sie die betreffende Leistung erbracht haben.

Doch diese sogenannte Soll-Versteuerung kann gerade bei kleinen und mittelständischen Unternehmen manchmal zu finanziellen Problemen führen, weil die Umsatzsteuer sozusagen „vorfinanziert“ werden muss. Schwierigkeiten gibt es vor allem dann, wenn Kunden ihre (eventuell hohen) Rechnungen nicht termingerecht bezahlen und vielleicht sogar erst auf mehrmaliges Mahnen reagieren.

Sonderfall Existenzgründer:

Wenn Du Dich als Existenzgründer zum ersten Mal beim Finanzamt über den Fragebogen zur steuerlichen Erfassung (auf www.elster.de/eportal/start zu finden) registrieren lässt, hast Du hier die Möglichkeit, Dich aufgrund der Kleinunternehmerreglung nach § 19 UStG (Gesamtumsatz im ersten Jahr unter 22.000 Euro, Punkt 7.3 im Fragebogen zur Erfassung) ganz von der Umsatzsteuer befreien zu lassen. Das gilt für mindesten 5 Jahre, solange in diesem Zeitraum die Grenze von 50.000 € im laufenden Jahr nicht überschritten wird.
Hat Du Dich gegen die Kleinunternehmerreglung entschieden, bist Du an diese Entscheidung auch die 5 Jahre gebunden. Der Wechsel von der Kleinunternehmerregel zur Regelbesteuerung ist dagegen jederzeit möglich. 
Auf die Kleinunternehmerregelung (und damit die Umsatzsteuerbefreiung) zu verzichten kann vor allem dann sinnvoll sein, wenn Du in den Anfangsjahren viele und/oder teure Anschaffungen planst, für die (in der Summe) hohe Vorsteuern anfallen. Führst Du dann Umsatzsteuern ab, kannst Du die Vorsteuer beim Finanzamt geltend machen. Wenn diese dann höher ausfällt als die abzuführende Umsatzsteuer, bekommst Du die Differenz vom Finanzamt erstattet.

Willst Du also die Kleinunternehmerregelung nicht nutzen, gibt es eine weitere Möglichkeit, um die Liquidität des Unternehmens sicherer zu gestalten, nämlich die Ist-Besteuerung (Punkt 7.7 im Fragebogen).

Was für einen Vorteil hätte die Ist-Versteuerung?

Bei dieser Form der Versteuerung wird die Umsatzsteuer erst dann fällig, wenn die Rechnungen durch Deine Kunden auch tatsächlich bezahlt wurde, im Gegensatz zur Soll-Versteuerung, bei der die Umsatzsteuer aufgrund von Rechnungsstellung abgeführt werden muss, unabhängig davon, ob eine Rechnung bereits bezahlt wurde.

Nach § 20 Umsatzsteuergesetz kann eine Ist-Versteuerung auch später beim Finanzamt beantragt werden, wenn:

  • der Gesamtumsatz eines Unternehmens im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 600.000 € betragen hat
  • der Unternehmer von der Verpflichtung, Bücher zu führen und auf Grund jährlicher Bestandsaufnahmen regelmäßig Abschlüsse zu machen, nach § 148 der Abgabenordnung befreit ist, oder
  • soweit die Umsätze aus einer Tätigkeit als Angehöriger eines freien Berufs im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes entstehen.

Der Antrag auf Ist-Versteuerung kann formlos beim Finanzamt eingereicht werden und muss von diesem rechtsverbindlich bestätigt werden. Wird die Ist-Besteuerung ohne vorherige Zustimmung genutzt, regt die Finanzverwaltung einen nachträglichen Antrag an, in den auch das Vorjahr einbezogen werden kann. Das geht aber nur, wenn die Festsetzungen noch nicht bestandskräftig sind.
Wird die Ist-Besteuerung nicht nachträglich bzw. rückwirkend anerkannt, werden Versäumniszuschläge durch das Finanzamt erhoben.

Weitere Informationen zur Kleinunternehmerregelung findest Du in unserer GründerNews vom 20.10.2020.

Was es noch für Steuern gibt, auf die Du Dich "einstellen" muss, erfährst Du in unserer GründerNews vom 13.10.2023.

2023-11-10