Heike Ziemba betreibt in Kemnitz, OT Neuendorf, im Landkreis Vorpommern-Greifswald seit vier Jahren die Eismanufaktur "BoddenLandEis". Nach vielen Jahren als Angestellte kam sie in ihre Heimat zurück und startete das Abenteuer Selbstständigkeit.
Wann ist der richtige Zeitpunkt, sich selbstständig zu machen? Für Heike Ziemba aus Kemnitz, OT Neuendorf, war es mit 57 Jahren. Nach der Wende hat die gelernte Industriekauffrau und Buchhalterin in Nordrhein-Westfalen im öffentlichen Dienst gearbeitet. "Als die Kinder erwachsen waren, kam in mir das Gefühl auf, irgendwie willst du zurück. Ein Band zu Heimat war immer da", erzählt die 61-Jährige, die 2018 in ihre Heimat nach Vorpommern zurückgekehrt ist.
Jetzt würde sie noch einmal das machen, was ihr Spaß macht, etwas mit den Händen. "Meine Eltern hatten einen riesengroßen Garten. Ich wusste also, wie gute Lebensmittel schmecken", verrät die Rückkehrerin, die schon immer Kochen und Backen ihr Hobby nennt. Ein Schlüsselerlebnis, das einen großen Einfluss auf ihre Existenzgründung nahm, hatte sie in Sizilien. "Das war so vier, fünf Jahre vor der Gründung. Dort bin ich auf einen alten Eismacher getroffen und durfte ihm über die Schulter schauen. Interessant fand ich, dass er mit reifen Früchten gearbeitet hat. Das war eine Geschmacksexplosion", verrät die Rückkehrerin. "Ich will Eis machen", war sie überzeugt und eröffnete 2019 ihre Eismanufaktur "BoddenLandEis" im einstigen Elternhaus in Kemnitz, OT Neuendorf.
Der Name "BoddenLandEis" spiegelt die Nähe zum Greifswalder Bodden und der ländlichen Umgebung wider. "Ich lege großen Wert auf naturbelassene Zutaten und natürliche Rohstoffe", sagt Heike Ziemba, die mit viel Liebe und Kreativität exklusive Speiseeis-Spezialitäten herstellt und dabei ihren Fokus auf Regionalität richtet.
Anfangs hat sie hinsichtlich der Eissorten sehr viel herumexperimentiert, hat sich dann den Wünschen der Kunden im Gastronomie- und Hotelbereich angepasst. Zum Angebot der Eismanufaktur zählen Fruchsorbets wie Rhabarber, Himbeere und schwarze Johannisbeere oder Milcheis wie Pistazie und Haselnuss sowie veganes, lactosefreies oder glutenfreies Eis. Erhältlich sind derzeit insgesamt 60 verschiedene Eissorten, als 5,2-Liter-Schalen und im verzehrfertigen To-go-Becher mit innen liegendem Löffel.
Im Juli dieses Jahres gestartet, bietet Heike Ziemba in der Sommersaison bis Ende September auch den Werksverkauf in Neuendorf an. Jedes zweite bzw. dritte Wochenende ist sie mit ihrem Eis-Trailer in der Region unterwegs. Dafür kreiert sie dann auch einmal Sorten wie Stachelbeere, Quark mit Mohn und Mangosauce oder Eis mit Kefir und Waldbeeren.
„Der Weg zu meiner eigenen
Heike Ziemba, Quereinsteigerin und Rückkehrerin
Eismanufaktur war ein Seiltanzakt.“
Der Weg zur eigenen Eismanufaktur brachte für die Quereinsteigerin einige Herausforderungen mit sich. Zunächst besuchte Heike Ziemba Eisschulen in Deutschland und Italien, absolvierte verschiedene Lehrgänge, informierte sich über Eismaschinen und gesetzliche Bestimmungen. Als Quereinsteigerin benötigte sie keinen Meister, jedoch ein Zertifikat. "Für mich war die größte Herausforderung, wie ich alles koordinieren soll. Das war ein Seiltanzakt."
Anfangs hatte sie das Gefühl, "ich komme nach meiner Rückkehr gar nicht an in der Heimat, vielleicht weil ich sofort mein Geschäft gestartet habe." Hinzu kamen schlechte Erfahrungen mit einer Unternehmensberatung und schon befand sie sich in einer Situation, in der sie sich umsortieren musste. "Ich habe dann mit fachlicher Unterstützung meinen Businessplan in drei Wochen geschrieben", berichtet die 61-Jährige. Von der Sparkasse Vorpommern habe sie innerhalb von zwei Monaten die Zusage für einen Gründerkredit erhalten.
Die baulichen Veränderungen im Elternhaus, die selbst erarbeiteten Eisrezepturen, das Pendeln zur Berliner Eisfachschule: "Es war schon eine schwierige Zeit, da ich alles allein gemacht habe. Das hat mich wachsen lassen. Man wächst wirklich an den Herausforderungen", sagt Heike Ziemba.
"Das Vernetzen ist so wahnsinnig
Heika Ziemba, Gründerin und Unternehmerin
wichtig wie die Luft zum Atmen."
Die 61-Jährige ist im Unternehmernetzwerk von der Wirtschaftsförderung und vom Tourismusverband aktiv. Das Zauberwort für Unternehmerinnen und Unternehmer lautet nämlich Netzwerken. "Wenn eine Symbiose regionaler Produzenten entsteht, man sich austauscht, den anderen versteht, dann macht das auch Spaß", sagt Heike Ziemba und fügt hinzu: "Sich zu vernetzen ist wahnsinnig wichtig, so wie die Luft zum Atmen."
Die Unternehmerin läutet nun auch eine Zeit für Veränderungen ein. Nach vier Jahren kennt sie den Ablauf der Wertschöpfungskette und möchte sich noch intensiver dem kreativen Bereich widmen. "Ich möchte auf einer zweiten Schiene gesundes Eis machen, herumexperimentieren und damit einen neuen Kundenkreis erschließen. "Ich kann mir eine neue Produktionsstätte vorstellen. Boddenlandeis soll aber in MV bleiben."
Dazu braucht es zusätzliches Personal, vielleicht auch in Hinblick auf eine spätere Nachfolge. "Ich suche jemanden für die Produktion, der ebenfalls viel Leidenschaft für die Eismanufaktur mitbringt, mit dem ich die zweite Schiene für Wiederverkäufer/Endverbraucher gemeinsam entwickeln kann und in dessen vertrauensvolle Hände ,BoddenLandEis' übergeben kann. Da wäre so ein Pitch-Event bestimmt eine gute Adresse, um jemanden zu finden."
Wenn Heike Ziemba heute noch einmal vor der Situation stünde, sich selbstständig machen zu wollen, würde sie eine Moment länger in sich hineinhorchen. "Mit der Erfahrung von heute würde ich andere Schritte gehen. Für die Beratung würde ich wohl eher ein Frauenteam suchen und mich noch stärker mit Gleichgesinnten umgeben", zieht die Unternehmerin ein Fazit und ergänzt: "Ein klares Ja zur Selbstständigkeit. Die Reise als Einzelunternehmerin war eine Reise zu mir selbst."
Titelfoto: VTM
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