Natürlich Eis! Mit Pioniergeist eroberte „Jackle & Heidi“ die Food-Branche

Mit ihrem Start-up „Jackle & Heidi“ haben sich die Eismacher, Inhaber und Geschäftsführer Martin Horst und Franziska Göttsche aus Penzlin in der Region und bundesweit etabliert.

Zuletzt aktualisiert: 16.05.2024

Seit 2016 verfolgt das Paar die Mission, bestes Eis ohne Firleanz anzubieten. GründerMV spricht mit Franziska Göttsche (38) über die Meilensteine des Leidenschaftsprojektes und über ihre Erfahrungen als Gründerin und Unternehmerin.

Euer Start-up "Jackle & Heidi" habt ihr als Leidenschaftsprojekt nebenbei in eurer Garage gestartet. Hattet ihr schon immer Ambitionen, selbst zu gründen?

Mit unserer Mission, bestes Eis ohne Firlefanz anzubieten, war "Jackle & Heidi" anfangs eine Spielwiese unserer Crossmedia Agentur 13 Grad. Wir haben viel Zeit und Geld in die Hand genommen, um mit Eissorten herumzuprobieren. Kampagnen ausprobiert, wieder Geld versenkt. Der Wunsch nach einem eigenen Produkt ist groß geworden, ohne dem Ganzen einen "fancy" Namen zu geben. Da kam eins zum anderen, ohne bewusst auf eine Selbstständigkeit hinzuarbeiten.

Dann stellte sich die Frage: Wie kommen wir aus unserer Garage in eine Produktionsstätte, damit wir die Auflagen vom Hygieneamt erfüllen können?

Also sind wir 2016 in die Neubrandenburger Gerstenstraße gezogen und hatten pünktlich zur Mecklenburger Seenrunde im Mai unseren Launch. Mit vier Sorten Eis im Gepäck waren wir mit unserem Eisfahrrad am Start, das wir einst bei einem Kleinanzeigen-Portal gefunden haben. 2018 haben wir dann eine GmbH gegründet mit Werksverkauf in Neubrandenburg und Eisverkauf auf Events. Während Martin für das Marketing zuständig ist, kümmere ich mich um das operative Geschäft.

Du bist gelernte Kinderkrankenschwester, warst als Fotografin selbstständig. Die Lebensmittelbranche war also Neuland. Was musstest du besonders beachten bei der Gründung?

Neben der Liebe zum Eis war die wichtigste Voraussetzung dafür die Fähigkeit, betriebswirtschaftlich zu denken. Ein Vorteil war auch, dass ich keinen Meister benötigte für die Speiseeisherstellung. Es ist dieses berühmte "Learning bei doing". Man muss lernen, Steuern und Zahlen zu verstehen, sich mit Instandhaltung und Elektroprüfung der Behörden auseinanderzusetzen. Bei einer Delegationsreise nach Schweden habe ich ein Start-up aus der Branche mit der perfekten Besetzung kennengelernt. Sie hatten einen BWLer, einen Lebensmitteltechnologen und einen fürs Marketing. Das ist es dann letztlich auch, was den Betrieb für eine Speiseeisherstellung ausmacht.


„Für die Gründung in der Lebensmittelbranche benötigte ich keinen Meister für Speiseeisherstellung. Die wichtigste Fähigkeit neben der Liebe zum Eis war es, betriebswirtschaftlich zu denken.“

– Franziska Göttsche, Unternehmerin

Franziska Göttsche personifiziert sich mit der Marke "Jackle & Heidi" und verkörpert selber auch die Hauptzielgruppe des Unternehmens.
© Verena Teske-Mbalisike (3)

Wie ging es nach der offiziellen Gründung von Jackle & Heidi weiter? Was waren die wichtigsten Meilensteine für euch? 

Wir haben unser Eis im Werksverkauf und auf Events angeboten. Was wir immer wieder gemerkt haben, war, dass die Leute zu uns wollen. Da kam die Idee auf, lass' uns ein Café eröffnen. Davon war ich anfangs noch nicht überzeugt. Aber als ein "Flagshipstore", bei dem man auch die regionalen Produkte kaufen kann, die wir als Zutaten für unser Eis nutzen, war die Sache dann rund.

Mit LEADER-Fördermitteln haben wir den alten Bahnhof in Penzlin ausgebaut. Wir wollten Ende 2019 eröffnen. Mitten in der Corona-Krise haben wir am 20. August 2020 unser Café eröffnet. Die Leute haben Schlange gestanden. Dann kam der Lockdown. Also mussten wir reagieren und die Möglichkeit des "Take-away" anbieten. Aus dem Fahrrad wurde der Food-Truck, ein alter UPS-Truck, den wir mit einem bekannten Sattler und Künstler umgebaut haben. Während der Corona-Zeit sind wir mit dem Truck auf Überlandtour gegangen.

Dann ist der Absatz abgebrochen, wir haben viel Geld versenkt. Aus der Not heraus haben wir neue Ideen umgesetzt, wie z.B. Donuts. Dann ist unsere Bäckerin ins Babyjahr gegangen und wir hatten zu wenig Personal. Eine gastronomische Einheit in Penzlin auf der einen Seite und auf der anderen Seite die Eisproduktionsstätte in Neubrandenburg. Das sind zweit unterschiedliche Paar Schuhe. Es war ein ständiges Hin und Her zwischen Café und Produktionsstätte. Teilweise hatte ich Angst, ans Telefon zu gehen, um schlechte Nachrichten zu erfahren.

Meinen Kindheitswunsch, ein Kinderbuch zu schreiben, habe ich mir auch erfüllt. Mit dem Zusatz der Nachhaltigkeit. Kinder werden mit unserem Eis groß und das sind die Kunden für die Zukunft.

Anfang dieses Jahres kamen die Mehrwertsteueranhebungen für Gastronomie und steigende Betriebskosten auf euch zu...

Ja, für uns war klar, dass wir erst einmal den täglichen Betrieb einstellen müssen. Eis ist ein sehr energieaufwendiges Produkt, da es viele Gerätschaften benötigt, die an Starkstrom angeschlossen sind. Den Standort in Penzlin nutzen wir nun für Pop-up-Barabende, wir bieten Events mit dem Eis-Truck und die Werksproduktion in Neubrandenburg läuft nach wie vor. Nun produzieren wir auch Eis für Hunde. Unser Wunsch ist es, im Sommer 2025 als Eiscafé wieder zu öffnen.

Wie schaffst du es als Chefin und Kollegin, aber auch Organisatorin und zweifache Mutter Verantwortung im Job und Zeit für die Familie miteinander zu verbinden?

Anfangs habe ich mich nicht als Chefin gesehen. Mit Blick auf die Erfahrungen der vergangenen Jahre kann ich heute sagen, dass es ein Entwicklungsprozess ist und ich in die Rolle hineingewachsen bin. Das People-Management ist eine Herausforderung und bedarf, empathisch zu sein. Ich spüre Emotionen, die im Raum sind. Die Fähigkeit, als Unternehmerin mit gutem Beispiel voranzugehen und sich durchzusetzen ist ein Drahtseilakt. Der Schlüssel zum Erfolg lautet Kommunikation. Je besser und klarer die Kommunikation läuft, desto besser läuft das Unternehmen. Hinzu kommt: Je entspannter ich bin, desto entspannter ist auch die Familie.

Wie sieht denn ein typischer Tagesablauf bei dir aus?

Morgens trinke ich ein großes Glas Wasser. Dann beginnt um 6:20 Uhr meine Me-Time mit Yoga. Zehn Minuten, in denen mich keiner stört. Dann bringen wir die Kinder zur Schule und Kita. Im Büro angekommen, arbeite ich mein E-Mail-Postfach ab. Dann folgt zum Beispiel ein Meeting über neue Baumaßnahmen oder neue Eissorten. Dienstags ist Buchhaltung, Donnerstags ist das Teammeeting für die Produktion. Dienstag und Donnerstag sind immer die langen Tage. Montag und Mittwoch gilt es, abzusprechen, wer die Kinder abholt.

Dieses Jahr habe ich es endlich geschafft, meinen Urlaub und verlängerte Wochenende durchzuplanen. Aus den Vorjahren weiß ich, dass man sonst nicht aus der Schleife herauskommt. Das ist schon ein bewusstes In-sich-Gehen und viel reflektieren.

"Anfangs habe ich mich nicht als Chefin gesehen. Mit Blick auf die Erfahrungen der vergangenen Jahre kann ich heute sagen, dass es ein Entwicklungsprozess ist und ich in die Rolle hineingewachsen bin", sagt Franziska Göttsche.

Ihr habt als Paar gegründet, doch die Selbstständigkeit bringt für Frauen und Männer unterschiedliche Herausforderungen mit sich.

Mit Kindern ändert sich die berufliche Situation von Frauen. Bei der Schwangerschaft mit meinem zweiten Sohn 2018 habe ich sogar bis zum letzten Tag gearbeitet. Als Baby habe ich ihn dann zu Terminen oft mitgenommen und vorher gestillt. Das Telefonieren zum Beispiel habe ich beim Kinderwagenschieben erledigt. Dabei hatte ich nie das Gefühl, dass es deplatziert war. Im privaten Umfeld bin ich allerdings auf Unverständnis gestoßen.

Dabei ist das Unternehmen doch auch mein Baby. Ich personifiziere mich damit und bin selber auch die Hauptzielgruppe. Was mir zudem sehr zu schaffen gemacht hat, war, dass ich nach der Geburt meines zweiten Kindes den Vollzeitanspruch auf die Kita-Betreuung für mein erstes Kind verloren habe.

Ohne unsere Eltern, die uns so oft mit den Kindern unterstützen, würde das Business nicht funktionieren und es würde wohl "Jackle & Heidi" auch nicht geben. Ein Netzwerk ist für eine selbstständige Tätigkeit unerlässlich. Dafür bin ich sehr dankbar.

Sichtbarsein hilft Gründerinnen und Gründer auf dem Weg zum Erfolg. Welche Netzwerke oder Messen sind für dich nicht mehr wegzudenken?

Zu meinen Netzwerken zählt zum Beispiel die BMWK-­Initiative „FRAUEN unter­nehmen“. Die Initiative verfolgt das Ziel, Mädchen und Frauen für das Berufsbild Unterneh­merin zu begeistern und sie zur beruflichen Selbständigkeit zu ermu­tigen. 

An der Hochschule Neubrandenburg ist es das Mentoring-Programm für Studentinnen. Dabei habe ich Studentinnen auf dem Weg ins Arbeitsleben bzw. vor Abschluss des Studiums als Mentorin begleitet.

Zudem gehöre ich zu dem Netzwerk der Wirtschaftsjunioren Neubrandenburg und freue mich über jede Frau, die mit dazukommt.

Zu meinen Netzwerken zählt auch "VRauen", ein Projekt vom MakerPort Stralsund, das Frauen im Landkreis Vorpommern-Rügen die Möglichkeit bietet, sich zu vernetzen, voneinander zu lernen und gemeinsam zu wachsen. Als Speakerin war ich mit zwei Vorträgen dabei.

Messen, an denen wir als "Jackle & Heidi" teilnehmen, sind die GastRo Messe in Rostock, die Rewe-Messe in Bollewick, die MeLa in Mühlengeez und die Grüne Woche in Berlin.

Auf der Grünen Woche haben wir auch unser Biereis vorgestellt, das 2017 in Kooperation mit der Störtebeker Braumanufaktur aus Stralsund entstanden ist. Mit unserem Biereis haben wir den Produkt-Leuchtturm 2022 gewonnen.

Als Kultur- und Kreativpiloten sind wir 2016 als Marke von 13 Grad ausgezeichnet worden. Das ist eine durch die Bundesregierung vergebene Auszeichnung für Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft und deren Schnittstellen zu anderen Branchen, die sich an Selbständige, Gründer/innen und Projekte richtet.

Welche Eigenschaften sollten Gründer und Gründerinnen deiner Meinung nach mitbringen?

Eindeutig Pioniergeist mit einem nach vor gerichteten Mindset! Etwas Neues versuchen, neue Wege gehen. Wir von "Jackle & Heidi" sind damals mit dem Ziel gestartet, Eis aus natürlichen und regionalen Zutaten herzustellen. Und auch heute stehen wir noch leidenschaftsgetrieben dahinter. Unser Eis muss 24 Stunden reifen, da wir keine Bindemittel, Konservierungsstoffe oder Aromen verwenden. Wir lassen es nicht zu, unsere im Durchschnitt fünf Zutaten durch industrielle Zutaten zu ersetzen. Für das Deckelumdrehen kämpfen wir nach wie vor.

Eine weitere Eigenschaft, die meiner Meinung nach nicht fehlen darf, ist Flexibilität: Problem erkennen, Lösungen finden und einen anderen Weg einschlagen. Aus der Komfortzone raus und sich etwas trauen, das ist es auch, was unseren Weg bis heute ausmacht.

Kontakt:

Jackle & Heidi GmbH

Franziska Göttsche
Martin Horst
Gerstenstraße 2
17034 Neubrandenburg

Telefon: 0395 – 351 71 520
E-Mail: hallo@jackle-heidi.com

https://www.instagram.com/jackle_und_heidi

https://www.facebook.com/jackle.heidi