Wichtig: Zum Jahresende Verjährungsfristen für offene Forderungen prüfen

Das Jahresende ist in Sicht und jedes Unternehmen sollte noch einmal prüfen, ob es noch offene Rechnungen oder Vergütungsansprüche gibt, die zu verjähren drohen.

Zuletzt aktualisiert: 21.11.2024

Es gilt, folgende Verjährungsfristen und Bedingungen entsprechend BGB zu beachten:

1. Regelverjährung (§ 195 BGB)

Die Regelverjährung beträgt 3 Jahre.
Für alle Vergütungsansprüche gilt: Die Verjährungsfristen beginnt gemäß § 199 Abs. 1 BGB immer erst ab dem jeweils nächsten Jahresanfang (die sogenannte Ultimoverjährung), also mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und in dem der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder grob fahrlässig nicht erlangt hat.
Mit Ablauf des Jahres 2023 verjähren demzufolge Ansprüche auf Vergütung, die im Jahr 2020 fällig geworden sind.
Die 3-jährige Regelverjährung betrifft u. a. folgende Ansprüche:

  • Vergütungsansprüche jeglicher Art, das heißt auch Kaufpreis- und Werklohnforderungen im kaufmännischen Verkehr
  • Erfüllungsansprüche
  • Behinderungsansprüche
  • Schadensersatzansprüche
  • Vertragsstrafenansprüche
  • Entschädigungsansprüche nach § 642 BGB.
  • Ansprüche aus Gesamtschuldnerausgleich gemäß § 426 BGB.
  • Ansprüche aus Geschäftsbesorgung.
  • Ansprüche auf Grund eines selbständigen Schuldversprechens oder Schuldanerkenntnisses (§§ 780, 781 BGB).
  • Bereicherungs- / Rückforderungsansprüche (§ 812 BGB).
  • Beseitigungsansprüche aus § 1004 BGB.
  • Ansprüche gegen einen Vertreter ohne Vertretungsmacht (§ 179 BGB).

2. 30-jährige Verjährung (§ 201 BGB)

30-jährige Verjährungsfristen laut § 197 BGB gelten z. B. für rechtskräftig festgestellte oder vollstreckbare Ansprüche sowie für Schadensersatzansprüche wegen einer Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit oder Freiheit, bei Vorliegen eines vollstreckbaren Titels (z. B. Gerichtsurteil, Schiedsspruch, Vollstreckungsurkunden…).

3. Neubeginn und Hemmung der Verjährung

Gibt es noch offene Forderungen, die zu verjähren drohen (BGB, § 199, § 200, § 201), muss der Gläubiger darauf bedacht sein, den Neubeginn oder die Hemmung der Verjährung herbeizuführen.

Wichtig :
Die Verjährung wird nicht gehemmt oder unterbrochen durch Mahnung, erneute Rechnungsstellung, Androhung gerichtlicher Schritte, Übersendung von Kontoauszügen oder dergleichen.

Deshalb sollten folgende Maßnahmen eingeleitet werden:

a) Neubeginn

Der Neubeginn der Verjährung bewirkt, dass die bereits angelaufene Verjährungszeit nicht beachtet wird und die Verjährungsfrist in voller Länge erneut zu laufen beginnt.
Der Neubeginn tritt in zwei Fällen ein (BGB, § 212):

  • Anerkenntnis des Anspruchs durch den Schuldner bzw. die Schuldnerin  (z. B. durch Abschlagszahlung, Zinszahlung, Sicherheitsleistung) oder
  • Beantragung oder Vornahme einer gerichtlichen oder behördlichen Vollstreckungshandlung.

b) Hemmung

Die Hemmung hat die Wirkung, dass der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, nicht in die Verjährungsfrist eingerechnet wird. Die Verjährungsfrist verlängert sich also um die Dauer der Hemmung (§ 209 BGB). Die Hemmung der Verjährung ist ab § 203 BGB geregelt.
Die nachfolgend (nicht abschließend) aufgeführten Maßnahmen von Gläubigern können zur Hemmung der Verjährung führen:

  • Erhebung der Klage
  • Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren (Achtung: Der Anspruch muss im Mahnantrag konkret bestimmt sein, sonst tritt keine Hemmung ein!)
  • Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Prozess
  • Zustellung der Streitverkündung
  • Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren
  • Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens
  • Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens.

Es gibt – bei ansonsten guten Geschäftsbeziehungen mit einem Schuldner bzw. einer Schuldnerin –  die Möglichkeit, zu vereinbaren, dass sich dieser bzw. diese für eine bestimmte Frist verpflichtet, die Einrede der Verjährung nicht zu erheben. Dabei sollte aber unbedingt schriftlich ein konkreter Termin vereinbart werden!

Besondere Problematik der Verjährung von Bürgschaftsansprüchen

Die Fälligkeit von Forderungen aus einer selbstschuldnerischen Bürgschaft – sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben – tritt mit der Fälligkeit der Hauptschuld ein und ist nicht von einer Leistungsaufforderung des Gläubigers abhängig.
Damit können Ansprüche aus einer Bürgschaft in einer kürzeren Frist (3 Jahre) verjähren, als die verbürgte (Gewährleistungs-) Forderung. Deshalb ist insbesondere zu prüfen, ob Forderungen aus Bürgschaften zum Jahresende verjähren (siehe dazu u. a. Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 11.09.2012, Az.: XI ZR 56/11).

Gesamtschuldnerausgleich

Besonders zu beachten ist auch die dreijährige Verjährungsfrist für den Gesamtschuldnerausgleich gemäß § 426 BGB. Ein Ausgleichsanspruch aus § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB entsteht bereits in dem Augenblick, in dem die mehreren Ersatzpflichtigen dem Geschädigten ersatzpflichtig werden, d. h. mit der Entstehung der Gesamtschuld im Außenverhältnis. Der Ausgleichsanspruch unter Gesamtschuldnern unterliegt unabhängig von seiner Ausprägung als Mitwirkungs-, Befreiungs- oder Zahlungsanspruch einer einheitlichen Verjährung. Auch soweit er auf Zahlung gerichtet ist, ist er mit der Begründung der Gesamtschuld im Sinne des § 199 BGB entstanden (siehe dazu u. a. Urteile des BGH vom 08.11.2016 – VI ZR 200/15, vom 18.06.2009 – VII ZR 167/08).
Dementsprechend ist in diesen Fällen zu prüfen, ob verjährungshemmende Maßnahmen (wie z. B. eine Feststellungsklage) ergriffen werden müssen.

Wichtig für Schuldner und Schuldnerinnen

Mit der Einrede der Verjährung können Schuldner:innen ein dauerndes Leistungsverweigerungsrecht begründen. Der Anspruch an sich erlischt nicht. Er ist allerdings dauerhaft gehemmt und kann gerichtlich nicht mehr durchgesetzt werden. Die Verjährung tritt nicht von Amts wegen in Kraft, sondern muss den Schuldner:innen geltend gemacht werden.

Hinweis

Die vorhergehenden Ausführungen zu den Verjährungsfristen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. In Einzelfällen kann es immer Unklarheiten darüber geben, wie bestimmte Fakten zu beurteilen sind.
Deshalb: Wie bei allen Rechtsfragen, in denen du nicht ganz sicher bist, solltest du rechtzeitig den Rat von Fachleuten einholen!