Worum geht es konkret bei dieser Regelung?
Die rechtliche Grundlage findet sich in § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EstG).
Das zentrale Prinzip der EÜR ist das sogenannte Zufluss-Abfluss-Prinzip nach § 11 EStG.
Das bedeutet: Einnahmen werden dann berücksichtigt, wenn sie dem Steuerpflichtigen tatsächlich zugeflossen sind, und Ausgaben in dem Moment, in dem sie tatsächlich geleistet wurden. Dadurch ergibt sich eine zeitlich klare und nachvollziehbare Gewinnermittlung.
Anders als die doppelte Buchführung erfordert die Einnahmenüberschussrechnung (EÜR) keine komplexen Bilanzierungen. Es werden alle Betriebseinnahmen den Betriebsausgaben eines Geschäftsjahres gegenübergestellt, um den Gewinn eines Unternehmens zu ermitteln.
Wer kann die Einnahmenüberschussrechnung nutzen?
Die EÜR ist insbesondere für Freiberufler verpflichtend, etwa für Ärzte, Rechtsanwälte, Journalisten oder Designer. Darüber hinaus können auch Kleinunternehmer und Selbstständige, die nicht zur doppelten Buchführung verpflichtet sind, diese Methode anwenden.
Eine Buchführungspflicht besteht erst, wenn bestimmte Grenzen überschritten werden. Bei einem Jahresumsatz von mehr als 600.000 € oder einem Gewinn von über 60.000 € ist die EÜR nicht mehr zulässig. In diesen Fällen muss eine Bilanz nach handels- und steuerrechtlichen Vorgaben erstellt werden.
Hinweis:
In der Land- und Forstwirtschaft gelten besondere Regelungen und Grenzwerte, die in separaten Vorschriften geregelt sind.
Neben den o. g. Umsatz- und Gewinngrenzen gibt es hier noch folgende Grenzwerte:
- Flächengrenze: mehr als 25 Hektar landwirtschaftlich genutzte Fläche
- Waldgrenze: mehr als 50 Hektar forstwirtschaftlich genutzte Fläche
- Tierbestand: mehr als 50 Großvieheinheiten (GV).
Hinzu kommt die Möglichkeit der Durchschnittsatzbesteuerung.
Formale Anforderungen und Aufzeichnungspflichten
Obwohl die EÜR eine vereinfachte Gewinnermittlung darstellt, bestehen klare Anforderungen an die Dokumentation. So ist die elektronische Übermittlung der Daten über die amtliche Anlage EÜR (hier: Muster für EÜR 2025, BMF-Schreiben vom 29.08.2025) verpflichtend. Formlos erstellte Übersichten sind nicht zulässig.
(Nur in absoluten Härtefällen verzichtet die Finanzverwaltung auf die Übermittlung der standardisierten Einnahmenüberschussrechnung für 2025 in elektronischer Form (Härtefallantrag beim Finanzamt einreichen). Dazu gehört z. B. wenn die technischen Voraussetzungen (z. B. Hard- und Software, Signaturverfahren) nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand erfüllt werden können oder die elektronische Übermittlung für den Steuerpflichtigen wirtschaftlich oder persönlich eine unbillige Härte darstellen würde.)
Zur EÜR gehört ein Anlageverzeichnis, wenn Wirtschaftsgüter im Anlagevermögen vorhanden sind. In diesem Verzeichnis werden Anschaffungskosten, Nutzungsdauer und Abschreibungen festgehalten. Auch Abschreibungen (AfA) sind in der EÜR zu berücksichtigen und mindern den steuerlichen Gewinn.
Es gilt das Bruttoprinzip: Einnahmen und Ausgaben müssen vollständig und getrennt aufgezeichnet werden. Privateinlagen und -entnahmen sind zwar ebenfalls zu erfassen, haben jedoch keinen Einfluss auf den Gewinn.
Steuerliche Auswirkungen
Im Rahmen der EÜR spielt auch die Umsatzsteuer eine Rolle. Grundsätzlich wird sie nach dem Zufluss-Abfluss-Prinzip erfasst (Ist-Versteuerung). Diese Ist-Versteuerung kann beim Finanzamt formlos beantragt werden.
Aber: Alle Unternehmen, die die o. g. Grenzen überschreiten sowie alle Kapitalgesellschaften sind zur Soll-Versteuerung verpflichtet. In diesem Fall muss die Umsatzsteuer unabhängig vom Zahlungseingang berücksichtigt werden.
Vorsteuerbeträge können als Betriebsausgaben angesetzt werden und reduzieren somit den Gewinn.
Gleichzeitig bildet der nach EÜR ermittelte Gewinn die Grundlage für die Einkommensteuer sowie – bei gewerblichen Tätigkeiten – für die Gewerbesteuer.
Vorteile der Einnahmenüberschussrechnung
Die Einnahmenüberschussrechnung ist ein praktisches und gesetzlich anerkanntes Verfahren, das besonders für Freiberufler und kleinere Unternehmen geeignet ist.
Sie basiert auf einfachen Regeln, macht die Gewinnermittlung transparent und reduziert den Verwaltungsaufwand im Vergleich zur Bilanzierung erheblich. Ein wesentlicher Vorteil der Einnahmenüberschussrechnung liegt in ihrer Einfachheit. Für viele kleine Unternehmen und Selbstständige ist sie eine kostengünstige Alternative zur doppelten Buchführung. Oft reichen einfache Aufzeichnungen oder die Nutzung gängiger Buchhaltungssoftware aus.
Typische Fehlerquellen
Allerdings gibt es typische Fehlerquellen, die vermieden werden sollten.
Dazu zählen insbesondere die folgenden:
- Abschreibungen werden vergessen
- Einnahmen und Ausgaben werden zeitlich fehlerhaft zugeordnet
- es wird kein Anlageverzeichnis geführt
- private Kosten (z. B. Handy, Auto, Reisen) werden in vollem Umfang als Betriebsausgaben angesetzt
- nicht alle Betriebseinnahmen (z. B. Trinkgelder, Barverkäufe oder Nebeneinnahmen) werden erfasst
- es werden falsche Pauschalen bei Reisekosten angesetzt oder es fehlen Belege
- Bewirtungskosten werden steuerlich voll abgesetzt (nur zu 70 % möglich)
Fazit
Wer die Formalitäten wie die Anlage EÜR, das Anlageverzeichnis und die Einhaltung des Bruttoprinzips beachtet und die o. g. Fehler vermeidet, hat mit der EÜR ein übersichtliches und rechtssicheres Instrument zur Gewinnermittlung. Damit werden die steuerlichen Pflichten effizient erfüllt.

