Handwerk, Meisterbrief und mehr: Das solltest du wissen

Wesentliche Grundlage für eine Existenzgründung im Handwerk sind die jeweiligen Zulassungsvoraussetzungen. Oft – aber nicht immer – braucht man den Meisterbrief.

Zuletzt aktualisiert: 27.01.2023

Die Bedeutung des Meisterbriefs für gefahrgeneigte Berufe

Der Meisterbrief wird für „gefahrgeneigte und ausbildungsintensive Tätigkeiten“ verlangt. Damit gemeint sind Berufe, in denen durch unsachgemäße Ausübung Gefahren für die Gesundheit oder das Leben von Kunden u. a. drohen. Diese Berufe dürfen nur von Personen ausgeübt werden, die tatsächlich ihr „Handwerk verstehen“ und dies durch die bestandene Meisterprüfung nachweisen können (Übersichten zulassungspflichtige und zulassungsfreie Handwerke sowie Handwerksähnliche Gewerbe).

Ausnahmebewilligungen nach dem Handwerksrecht

Ausnahmebewilligungen sind nach dem Handwerksrecht möglich. Demjenigen, der ein solches zulassungspflichtiges Handwerk ausüben darf, ist es aber nicht erlaubt, wesentliche Tätigkeiten eines anderen zulassungspflichtigen Gewerks zu verrichten, für das er keine Meisterprüfung abgelegt hat. Es sei denn, die Arbeiten hängen mit dem Leistungsangebot seines Handwerks technisch oder fachlich zusammen oder ergänzen es wirtschaftlich. Allerdings ist es nach § 7a HwO jeder Meisterin und jedem Meister eines zulassungspflichtigen Handwerks oder einer Person, die dieses per Ausnahmebewilligung ausüben darf, möglich, ohne weiteren Meisterbrief die Ausübungsberichtigung für ein anderes zulassungspflichtiges Handwerk zu erlangen. Dafür muss er die erforderlichen Kenntnisse oder Fertigkeiten durch Lehrgänge oder Prüfungen nachweisen. Die Abschlüsse von staatlich geprüften Technikern und Ingenieuren werden der Meisterprüfung gleichgestellt.

Chancen für langjährige Gesellen: Selbstständige Ausübung nach sechsjähriger Berufserfahrung

Gesellinnen und Gesellen mit sechsjähriger Berufserfahrung haben einen Rechtsanspruch darauf, ihr zulassungspflichtiges Handwerk selbständig ausüben zu dürfen. Voraussetzung dafür ist, dass sie mindestens vier Jahre in leitender Position gearbeitet haben. Das bedeutet, sie hatten als Gesellen in einem Betrieb oder in einem wesentlichen Betriebsteil die Befugnis für eigenverantwortliche Entscheidungen. Gesellinnen und Gesellen können dies durch Arbeitszeugnisse, Stellenbeschreibungen oder in anderer Weise nachweisen. Die erforderlichen betriebswirtschaftlichen, kaufmännischen und rechtlichen Kenntnisse, die man benötigt, um ein Handwerk selbständig auszuüben, lassen sich in der Regel durch die Berufserfahrung belegen. Ob eine Ausübungsberechtigung erteilt wird, entscheidet die zuständige Handwerkskammer. Für Gesundheitshandwerke und Schornsteinfeger gilt diese Regelung nicht. Einen eigenen Betrieb ohne Meisterbrief zu gründen oder zu führen, ist hier nur mit einer Ausnahmebewilligung und nachgewiesener Befähigung möglich.

Gründung mit angestelltem Meister

In allen anderen Handwerken kann der Betrieb ohne Meisterbrief gegründet und geführt werden (zulassungsfreie Handwerke und handwerksähnliche Gewerbe kann). Ein Betrieb kann hier auch Tätigkeiten anbieten, die verschiedenen zulassungsfreien Handwerken zugeordnet sind, z.B. Estrichlegen und Fliesenlegen. Damit sind umfassendere und somit häufig auch kundenfreundlichere Angebote möglich. Dass keine Meisterpflicht mehr besteht, heißt aber nicht, dass es nicht doch sinnvoll ist, die Meisterprüfung abzulegen: Sie ist ein anerkanntes Qualitätssiegel für die fachliche Kompetenz des betreffenden Handwerksbetriebs und wird von den Kunden honoriert.

Zulassungsfreie Handwerke und handwerksähnliche Gewerbe: Eine Chance ohne Meisterbrief?

In allen anderen Handwerken kann der Betrieb ohne Meisterbrief gegründet und geführt werden (zulassungsfreie Handwerke und handwerksähnliche Gewerbe der Handwerksordnung). Ein Betrieb kann hier auch Tätigkeiten anbieten, die verschiedenen zulassungsfreien Handwerken zugeordnet sind. Damit sind umfassendere und somit häufig auch kundenfreundlichere Angebote möglich.
Dass keine Meisterpflicht mehr besteht, heißt aber nicht, dass es nicht doch sinnvoll ist, die Meisterprüfung abzulegen: Sie ist ein anerkanntes Qualitätssiegel für die fachliche Kompetenz des betreffenden Handwerksbetriebs und wird von den Kunden honoriert.

Warum die Meisterprüfung sinnvoll ist

In Umfragen der Handwerkskammern zeigt sich, dass die wenigsten Neugründer in den zulassungsfreien Handwerken von ihrer Selbständigkeit tatsächlich leben können. Oftmals beweist auch die Praxis, dass die Bezeichnung „Meisterbetrieb“ bzw. deren Fehlen bei vielen Kunden nach wie vor große Bedeutung hat.
Gerade Gründer ohne Meisterbrief sollten daher möglichst mit ganz speziellen Leistungen und/oder einem persönlich bekannten bereits existierenden Kundenstamm in die Selbständigkeit starten.
Im Gespräch mit Banken wird den Gründern aus dem Handwerk besonders bei den kaufmännischen Kenntnissen intensiv „auf den Zahn gefühlt“. Daher solltest du kaufmännische Qualifikationen auch im Businessplan sehr deutlich herausstellen. Kaufmännisches Know-how vermitteln die speziellen Existenzgründungsseminare der Handwerkskammern.

Wichtige Schritte: Eintragung in die Handwerksrolle und Gewerbeanmeldung

Wer eine Meisterprüfung nachweisen kann oder eine Ausnahmebewilligung besitzt, um ein zulassungspflichtiges Handwerk auszuüben, wird mit seinem Handwerk in die Handwerksrolle seines Bezirks eingetragen. Betriebe der zulassungsfreien Handwerke und handwerksähnlichen Gewerbe werden im Verzeichnis der zulassungsfreien Handwerke und handwerksähnlichen Gewerbe erfasst. Handwerksrolle und Verzeichnis werden von der Handwerkskammer geführt.
Für die Eintragung musst du persönlich erscheinen und eine Gebühr bezahlen. Mit der Bestätigung über die Eintragung kann dann beim Gewerbeamt der Gemeinde deine Gewerbeanmeldung erfolgen. Das Gewerbeamt informiert wiederum das Finanzamt, die Berufsgenossenschaft usw.

Rentenversicherungspflicht für zulassungspflichtige Handwerke

Für die zulassungspflichtigen Handwerke besteht eine gesetzliche Rentenversicherungspflicht (§ 2 Sozialgesetzbuch VI). Diese beginnt mit der Eintragung in die Handwerksrolle und der tatsächlichen Gewerkausübung. Daher solltest du diesen Termin bewusst nah an der tatsächlichen Eröffnung des Geschäftsbetriebs wählen. Diese Versicherungspflicht besteht bis zum Nachweis von 216 erbrachten Pflichtbeiträgen. Danach kannst du einen Befreiungsantrag stellen (Ausnahme: Bezirksschornsteinfeger).
Für Gründungen von Handwerksbetrieben der zulassungsfreien Handwerke bzw. handwerksähnlichen Gewerbe besteht keine Handwerkerpflichtversicherung.

Beitragsregelungen für Handwerkskammern: Entlastungen und Befreiungen für Gründende

Die Beitragspflicht sowie eine mögliche Beitragsfreiheit regelt die Handwerksordnung (HwO) (§ 113 Abs. 2 Satz 4 HwO). Beitragsfrei sind handwerkliche Kleinunternehmen eines zulassungspflichtigen Gewerbes nach Anlage A der HwO, die zwar Mitglied der Handwerkskammer sind, aber lediglich unwesentliche Tätigkeiten eines zulassungspflichtigen Gewerbes ausüben (siehe § 90 Abs. 3 HwO). Der Gewinn aus Gewerbebetrieb darf 5.200 Euro nicht übersteigen.
Gründerinnen und Gründer, die erstmals ihr Gewerbe angemeldet haben, sind für das Jahr der Anmeldung von Beiträgen zur Handwerkskammer befreit. Für das zweite und dritte Jahr müssen sie nur die Hälfte des Grundbeitrags bezahlen und keinen Zusatzbeitrag, für das vierte Jahr sind sie noch von der Entrichtung des Zusatzbeitrags befreit.
Voraussetzungen dafür sind:
– Es handelt sich um natürliche Personen (keine Personen- oder Kapitalgesellschaften).
– Der Jahresgewinn liegt nicht über 25.000 Euro.

Gewerbetreibende (natürliche Personen), die nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 der Handwerksordnung im Zeitraum von bis zu drei Monaten erlernbare Tätigkeiten ausüben, gehören entweder der Industrie- und Handelskammer oder der Handwerkskammer an. Sie sind, unabhängig davon, welcher Kammer sie angehören, vom Beitrag vollständig freigestellt, wenn ihr Gewerbeertrag nicht über 5.200 Euro im Jahr liegt.

Tipps zur erfolgreichen Vorbereitung einer Handwerksgründung

  • Sehr hilfreich – z. B. bei der Erstellung deines Businessplans – sind die speziellen Existenzgründungsseminare der Handwerkskammern (Im Gespräch mit Banken wird Gründern aus dem Handwerk besonders bei den kaufmännischen Kenntnissen intensiv „auf den Zahn gefühlt“, es lohnt sich, diese auch im Businessplan sehr deutlich herauszustellen).
  • Im Internet sind viele Informationen über den Zentralverband des Deutschen Handwerks (www.zdh.de) sowie über die Websites der örtlichen Handwerkskammern verfügbar. Teilweise werden dort sogar handwerksspezifische Planungsprogramme zum Download angeboten.
  • Weitere Informationen zum Thema findest du in den GründerZeiten Nr. 18: „Existenzgründungen im Handwerk„ und auf den Seiten der Gründerplattform.


Auch wenn keine Meisterpflicht besteht, heißt dass nicht, dass es für dich nicht doch sinnvoll ist, die Meisterprüfung abzulegen: Sie ist ein anerkanntes Qualitätssiegel für die fachliche Kompetenz des betreffenden Handwerksbetriebs und wird von den Kunden durchaus honoriert.

Und wenn du erst noch ein Meister bzw. eine Meisterin werden willst bzw. gerade deinen Abschluss gemacht hast: In Mecklenburg-Vorpommern kann jede/r erfolgreiche/r Absolvent*in der beruflichen Weiterbildung zum Handwerksmeister*in oder Industriemeister*in das Meister-Extra des Wirtschaftsministeriums erhalten.
Auf dem Weg zur Meisterprüfung kannst du finanzielle Unterstützung durch das sogenannte „Meister-Bafög“ nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz (AFBG) erhalten.

Quelle u. a.: Existenzgründerportal des BMWi, Thema Handwerk