Studie zur Vier-Tage-Woche: So wirkt sich weniger Arbeit aus

Anfang 2024 haben 41 deutsche Unternehmen die Arbeitszeit für ein halbes Jahr verkürzt und die Vier-Tage-Woche eingeführt.

Zuletzt aktualisiert: 25.10.2024

Ziel der Pilotstudie der Universität Münster war es, herauszufinden, wie sich eine Vier-Tage-Woche auf die Produktivität des Unternehmens und auf die Beschäftigten auswirkt.

Was bedeutet eigentlich Vier-Tage-Woche?

Es gibt drei verschiedene Modelle für die Einführung einer Vier-Tage Woche:

  • Vier Tage arbeiten bei gleichbleibender Wochenarbeitszeit,
  • Vier Tage arbeiten bei reduzierter Wochenarbeitszeit und angepasstem Lohn,
  • Vier Tage arbeiten bei reduzierter Wochenarbeitszeit, aber gleichbleibendem Lohn.

Was für Unternehmen haben an der Studie zur Vier-Tage-Woche teilgenommen?

Die teilnehmenden Unternehmen stammten aus verschiedenen Branchen, darunter professionelle Dienstleistungen, Fertigung, Bauwesen, Gesundheits- und Sozialwesen, IT und Versorgungsunternehmen.
Sie variierten in ihrer Größe von Kleinstunternehmen mit weniger als 9 Mitarbeitern (13 %) bis hin zu großen Unternehmen mit über 250 Mitarbeitern (14 %). Die Mehrheit waren kleine (10-49 Mitarbeiter) oder mittelgroße (50-249 Mitarbeiter) Organisationen (73 %).
Die Hauptgründe für die Unternehmen, die Vier-Tage-Woche zu testen, waren die Steigerung der Arbeitgeberattraktivität (89 %), die Verbesserung der Gesundheit der Mitarbeiter (77 %), das Wachstum der Produktivität (57 %) und die Zukunftsorientierung (37 %).“

Wie wurden die Arbeitsstunden angepasst?

34 % der teilnehmenden Unternehmen reduzierten die Arbeitszeit um 20 %, während 20 % eine Reduzierung um 11 bis 19 % wählten. 85 % der Organisationen legten jede Woche einen ganzen freien Tag fest, während 15 % alternative Modelle wählten. Im Schnitt aller Teilnehmenden sank die Arbeitszeit um vier Stunden pro Woche.
Um die reduzierten Arbeitsstunden auszugleichen, nahmen die Mitarbeiter:innen mehrere Anpassungen vor, wie das Reduzieren von Ablenkungen (65 %), das Optimieren von Prozessen (63 %) und das Ändern der Meetingstrukturen (52 %). Andere gaben an, Fokuszeiten zu nutzen (32 %) oder neue digitale Werkzeuge einzuführen (25 %), um die Arbeitseffizienz weiter zu steigern.“

Die wichtigsten Ergebnisse der Studie zur Vier-Tage-Woche in Kürze

  • Weniger Stunden zu arbeiten und trotzdem das gleiche Gehalt einzustreichen, kann der Studie zufolge Vorteile für das Unternehmen und die Beschäftigten bringen:
  • Leistungskennzahlen wie Umsatz und Gewinn zeigen keinen signifikanten Unterschied im Vergleich zum Vorjahr. Dass diese Kennzahlen stabil bleiben, obwohl die Arbeitsstunden reduziert wurden, deutet darauf hin, dass zumindest einige Produktivitätssteigerungen erzielt wurden.
  • Zudem gaben die Beschäftigten an, sie hätten weniger Stress und fühlten sich mental und körperlich gesünder.
  • Die allgemeine Mitarbeiterzufriedenheit stieg und die Unternehmen berichteten von Verbesserungen bei den Rekrutierungs- und Bindungsraten, wenn auch auf niedrigem Niveau.
  • Die Studie brachte Unternehmen auch dazu, ihre betrieblichen Abläufe stärker zu überdenken, manches anders zu strukturieren und damit effizienter zu werden.

73 % der Organisationen gaben an, dass sie die Vier-Tage-Woche (4DW) über die Testphase hinaus fortsetzen werden, entweder durch Verlängerung der Testphase oder durch vollständige Implementierung. 20 % entschieden sich hingegen, die 4DW nicht fortzusetzen, und 7 % waren noch unentschlossen. Aus der Perspektive der Mitarbeiter wünschen sich 83 %, die Vier-Tage-Woche fortzuführen.

Executive Summary der Studie (englisch)

Quelle: Universität Münster

Was gibt es für Bedenken?

Die Ergebnisse zeigen eine insgesamt positive Resonanz auf eine Vier-Tage-Woche.
Ähnliche Studien gab es zuvor in Großbritannien, Südafrika und den USA, auch hierbei waren positive Effekte festgestellt worden.

Allerdings gibt es auch kritische Anmerkungen.

Die Arbeitgebervereinigung BDA äußert z. B. folgende Kritik: „Im internationalen Vergleich arbeiten wir Deutsche über das Jahr gerechnet schon heute mit am wenigsten", sagt BDA-Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter und weist darauf hin, dass sich Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen, bewusst gegen eine Teilnahme an dem Versuch entschieden hätten. “Letztlich wäre eine Vier-Tage-Woche mit vollem Lohnausgleich nur eine massive Lohnsteigerung, die sich die allermeisten Unternehmen nicht leisten können." Anstatt darüber zu reden, weniger zu arbeiten, sollte man darüber reden, die Stunden in einer Woche flexibler zu verteilen. „Da, wo es passt, Montag bis Donnerstag mal mehr arbeiten und Freitag frei – das sollte möglich sein, wenn Arbeitnehmer und Arbeitgeber das vereinbaren."

Anja Piel, Vorstandsmitglied beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) sagt, es müsse zunächst geklärt sein, was genau mit einer Vier-Tage-Woche gemeint sei. „Wenn bei vollem Lohnausgleich nur vier Tage gearbeitet wird und sich dabei die Arbeitsbelastung nicht erhöht, kann das im Idealfall zu mehr Arbeitszufriedenheit und zu höherer Produktivität führen." Sie warnt aber vor einer „Mogelpackung", wenn das gleiche Arbeitspensum auf weniger Tage verteilt würde und die Beschäftigten dadurch noch stärker belastet würden.

Hinzu kommt, dass die Studie nicht auf den gesamten Arbeitsmarkt übertragbar ist. Außerdem haben nur Unternehmen, die freiwillig bereit waren, die Vier-Tage-Woche zu testen, teilgenommen. Es handelte sich also um Arbeitgeber:innen, die der Idee sowieso schon offen gegenüberstanden.

Zudem würde auch der Wettbewerbsvorteil einer Vier-Tage-Woche, den sich viele Unternehmen beim Kampf um Arbeitskräfte erhoffen, wegfallen, wenn das Konzept sich in allen oder zumindest vielen Unternehmen durchsetzen würde, sodass im Punkt Fachkräftegewinnung nicht viel gewonnen wäre.