Was deutsche Start-ups von der EU erwarten

Die EU muss mehr tun, um Start-ups in der aktuell schwierigen Konjunktur zu unterstützen. Das fordert eine Mehrheit der Tech-Start-ups in Deutschland.

Zuletzt aktualisiert: 08.05.2024

Was die Start-ups brauchen

So sagen 87 Prozent, dass Ausbau und Stärkung von Förderprogrammen für ihr Start-up hilfreich wären. 84 Prozent wünschen sich eine Stärkung des Wagniskapitalangebots in Europa, etwa durch Anreize für institutionelle Investoren. Und für 81 Prozent wäre ein vereinfachter Marktzutritt zu anderen EU-Staaten hilfreich, etwa durch einen weiter harmonisierten Binnenmarkt oder eine EU-weit einheitliche Rechtsform für Startups. 50 Prozent sagen dies mit Blick auf einfachere und einheitliche Anforderungen bei einem Börsengang (IPO). Das ist das Ergebnis einer Befragung von 172 Tech-Startups im Auftrag des Digitalverbands Bitkom. Drei Viertel (77 Prozent) plädieren zudem für einfachere Regeln bei Remote Work aus dem EU-Ausland, zwei Drittel (66 Prozent) für EU-weit harmonisierte Modelle bei der Mitarbeiterbeteiligung.

„Start-ups aus europäischen Ländern haben verglichen mit Wettbewerbern aus Asien oder den USA immer noch den Nachteil eines stark zerklüfteten Binnenmarkts. Die EU verspielt mit unnötiger Bürokratie und Kleinstaaterei zu viele Chancen. Wir müssen nicht nur europäisch denken, wir müssen auch europäisch handeln“, sagt Bitkom-Präsident Dr. Ralf Wintergerst.

Gemeinsames Statement europäischer Digitalverbände an die EU

Der Digitalverband Bitkom hat sich im Vorfeld der EU-Wahlen mit zahlreichen europäischen Digitalverbänden zusammengetan und fordert gemeinsam tiefgreifende Reformen bei der Start-up- und Scaleup-Politik der EU.
Unter dem Motto #StartupTakeoff wurden dazu jetzt Leitlinien für die kommende Legislatur-Periode veröffentlicht.

Zu den zentralen Forderungen der Allianz gehören die folgenden Punkte:

  1. Ein EU-Kommissar für Start-ups
    Seine Aufgabe wäre es, die bestehenden Initiativen für Startups zu einer einheitlichen Startup/Scaleup-Strategie weiterzuentwickeln, die die Herausforderungen der Finanzierung, der Regulierung und des Marktzugangs wirksam angeht,
  2. Eine einheitliche Start-up-Definition
    Der bestehende Flickenteppich von Definitionen in der EU bietet keine konsistente Datenbasis, aus der gültige Schlussfolgerungen gezogen werden können.
    Die bestehenden Definitionen sollten vereinheitlicht werden, um einen Grundrahmen zu schaffen, der ein effektiveres Benchmarking und die Messung der Leistung von Start-ups in der EU unterstützt.
  3. Förderung des Forschungstransfers
    Die EU beherbergt einige der weltweit führenden Forschungseinrichtungen. Dennoch finden zu wenige großartige Ideen ihren Weg in die kommerzielle Anwendung, weil verschiedene Hürden einen angemessenen Forschungstransfer behindern. Wichtig ist der Aufbau einer Infrastruktur und die Bereitstellung von Mitteln, um ein europäisches Deeptech-Ökosystem aufzubauen.
  4. Optimierung der Finanzierung, Börsengänge und Exit-Strategien
    Startups sehen sich zunehmend großen Herausforderungen gegenüber, wenn es darum geht, Finanzierung zu sichern, Börsengänge durchzuführen und Exit-Strategien umzusetzen. Die EU muss über die aktuellen Initiativen Fonds und Richtlinien schaffen, die den Zugang zu Finanzmitteln erleichtern.
  5. Staatlich garantierte Verträge für große Start-up-Erfolge
    Um Erfolg und internationale Wettbewerbsfähigkeit zu ermöglichen, müssen Start-ups und Unternehmen enger zusammenarbeiten. Die EU muss eine Schlüsselrolle spielen, indem sie eine Form des "Staatlich Garantierten Vertrags" einführt, um große private Start-ups dabei zu unterstützen, ihren Erfolg zu maximieren und gleichzeitig das Unternehmensrisiko zu minimieren.
  6. Schaffung einer EU-weiten Rechtsform für Start-ups
    Die Einführung einer EU-weiten Rechtsstruktur würde die Verwaltungslast verringern und grenzüberschreitende Aktivitäten fördern. Darüber hinaus ist eine Harmonisierung des Digitalen Binnenmarktes und eine Vereinfachung des regulatorischen und steuerlichen Umfelds unerlässlich.
  7. Talentgewinnung und -management von Mitarbeiterbeteiligungsplänen (ESOP)
    Unternehmen sind zunehmend auf internationales Talent angewiesen. Deshalb müssen Visa-Verfahren vereinfacht und beschleunigt, Mitarbeiterbeteiligungspläne (ESOP) harmonisiert und eine standardisierte Arbeitsvereinbarung für Start-ups mit erheblichem Potenzial für die europäische Wirtschaft entwickelt werden.
  8. B2G-Unterstützung: Förderung des Engagements des öffentlichen Sektors als ersten Kunden
    Viele Start-ups haben Schwierigkeiten, ihre ersten großen Kunden zu gewinnen, insbesondere im öffentlichen Sektor, der ein wichtiger Markt sein kann. Gebraucht werden politische Maßnahmen in der EU, um öffentliche Einrichtungen zur Annahme innovativer Lösungen von Startups zu ermutigen.

Das gemeinsame Papier steht zum Download bereit unter:
www.bitkom.org/Publikationen/Get-Started-European-Startup-Takeoff